Interview Lehrerin: „Kenne Dein Thema! Reine Fakten interessieren mich Null!“

Heute gibt’s für Dich ein Interview mit einer echten Lehrerin! Nicole Maschauer von der Werkrealschule aus meiner Heimatstadt Neckarsulm hat sich dafür Zeit genommen.

Ich habe sie zu dem Thema des Blogs hier befragt, d.h. mal direkt für Dich nachgehakt, wie eine Lehrerin so zum Thema Präsentationen steht, worauf sie achtet und was so gar nicht gut ankommt in der Bewertung.

Die Punkte, die für Frau Maschauer wichtig sind, kann ich nur unterstreichen. Ich werde versuchen, dass ich möglichst viele der Punkte aufgreife, und Dir direkt dafür Lösungsmöglichkeiten an die Hand geben kann.

Hinweis: Ich habe im Folgenden immer nur „Schüler“ geschrieben, meine damit aber auch immer sowohl Schüler als auch Schülerinnen.

Nic: Hallo Frau Maschauer, schön, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen. Bitte stellen Sie sich doch kurz meinen Lesern vor.

Frau Maschauer: Hi, ich heiße Nicole Maschauer und bin zur Zeit als Klassenlehrerin einer 8. Klasse an der Werkrealschule, habe aber auch schon in der Grundschule unterrichtet.

N: Welche Fächer unterrichten Sie?

Frau M: Ich unterrichte die Fächer Deutsch, Mathe und Englisch und bin dazu noch Beratungslehrerin.

N: Was ist denn so der Unterschied zwischen Grundschule und Werkrealschule, gerade auch was das Thema Referate und Präsentationen angeht?

Frau M: In der Grundschule in Klasse 3 sind die Präsentationen zum Teil besser als in der Werkrealschule! In der Werkrealschule kann es sogar noch vorkommen, dass die Schüler keine Kenntnis davon haben, dass die Quellen angegeben werden müssen.

Leider kennen Werkrealchüler schon Copy & PasteNicole Maschauer

Und leider kennen die Werkrealschüler im Gegensatz zu manchem Grundschüler die Funktion Copy & Paste am Computer…Denn gerade, wenn Wikipedia als Quelle genommen wird, ist dies einfach manchmal viel zu viel Text! Dann besteht hier die große Gefahr, dass die Schüler einfach nur den Wikipedia Text vorlesen, statt nach verständlichen Texten zu suchen oder zum Beispiel Dokumentationen auf Youtube gucken und diese Inhalte dann in eigenen Worten formulieren.

N: Wie sieht denn so eine Präsentation bei Ihnen an der Schule in der Regel aus? Also auf welche Art wird präsentiert?

Frau M: Bei der Projektprüfung an der Hauptschule nehmen die Schüler mittlerweile sehr oft Powerpoint, im Glauben, damit punkten zu können. In der Regel ist es ein Gruppenvortrag, bei dem pro Person zwischen 10 und 15 Minuten Redezeit vorgesehen ist. In seltenen Fällen gibt es auch Einzelvorträge.

In der Grundschule werden häufig Plakate gemacht; und selbst in der Werkrealschule werden noch Plakate eingesetzt, da aber häufig bei einem Referat im normalen Unterricht.

Leider passiert es bei Plakaten aber häufig, dass während des Vortrags dann gar nicht auf den Inhalt des Plakats eingegangen wird und man zudem noch sieht, dass manches Plakat am Morgen vor dem Vortrag entstanden ist…

Bei Powerpoint kommt es hingegen immer wieder zu technischen Problemen. Es ist schon mal passiert, dass das Format, das der Schüler abgespeichert hatte, nicht am Schul-PC lief und der Schüler keinen eigenen Computer dabei hatte. Dann musste der Schüler mit einer teilweise fehlerhaft angezeigten Präsentation seine Prüfung halten.

N: Haben Sie eine bestimmte Vorliebe für eine bestimmte Präsentationsart, oder mögen Sie eine Art überhaupt nicht?

Frau M: Nein, ich hab‘ keine Vorliebe für eine bestimmte Art.

N: Jetzt kommt die wahrscheinlich wichtigste Frage: Auf was achten Sie besonders bei einem Vortrag? Was macht für Sie einen guten Vortrag aus?

Frau M.: Ganz wichtig: Kenne Dein Thema! Ich erwarte schon einen Experten für das Thema!

Kenne Dein Thema! Reine Fakten interessieren mich Null!Nicole Maschauer

Was nicht passieren darf, ist, dass Du nur reine Fakten vorliest. Das interessiert mich Null! Du solltest wirklich den Unterschied kennen bzw. Dir erarbeiten zwischen Relevantem und Irrelevantem. Zum Beispiel bei einer Vorstellung einer berühmten Person nicht einfach das Geburtsdatum, Sterbedatum usw. runterlesen, sondern Dich auf das Wesentliche konzentrieren.

Bei dem Vortrag selbst ist mir der berühmte Rote Faden wichtig, da sind wir wieder beim Thema Relevantes vs. Irrelevantes. Auch ist hier wichtig, dass Du Dein Thema untergliedern kannst, d.h. z.B. auch nur Teilaspekte eines großen Themas herausarbeitest.

Auf Nachfragen musst Du antworten können, d.h. am besten suchst Du Dir ein Thema aus, für das Du Dich interessierst, und nicht einfach nur eins, bei dem Du denkst „weil ich halt muss“. Bei Nachfragen fehlt nämlich für einen guten Vortrag oft die Tiefe beim Wissen. Lese Dich rechtzeitig ein und eben nicht erst in der Woche vor der Prüfung bzw. des Vortrags. Das Einlesen merkt man dann eben an der Tiefe Deines Wissens.

Beim Einlesen merkt man die Tiefe Deines Wissens.Nicole Maschauer

Vor allem wenn Du in einer Gruppe arbeitest, versucht früh, euch über die Arbeitsteilung klar zu werden und die Aufgaben zu verteilen. Schau, dass Du mit Leuten zusammenarbeitest, die sich auch für das Thema wirklich interessieren.

N: Das waren echt viele super Tipps! Haben Sie noch Ideen für den Beginn einer Präsentation oder für die Erhöhung der Aufmerksamkeit?

Frau M: Ja, wichtiger Punkt. Ein Eye Catcher tut einer Präsentation natürlich richtig gut. Durch so einen Aufreger wird Neugierde geweckt, gerade auch als Einstieg ist das super.

Eye Catcher zu Beginn, bitte!

Das kann ein Bild sein, etwas Parktisches wie eine Vorführung oder gern auch was Interaktives. Zum Beispiel beim Thema Schach. Da kannst Du als Einstieg fragen: „Wer von euch kann hier Schach spielen?“ und dann darauf eingehen. Oder bei einem Vortrag im Fach Musik will ich natürlich auch Musik hören! Du kannst zum Beispiel ein passendes Lied vorspielen und dann aber auch erklären, warum Du dieses Lied ausgewählt hast und wie es zum Thema passt.

N: Haben Sie eine Bewertungshilfe, z.B. eine Punkteskala?

Frau M: Ja! Mit meiner Kollegin entwickele ich am Anfang des Schuljahres ein Raster, also genau eine solche Skala für verschiedene Bewertungskategorien. Und diese Punktevergabe kennen die Kinder. Sie wissen also, was verlangt wird!

N: Wie sehen denn die Kategorien in der Regel aus?

Frau M: Also im Groben zählt der Inhalt eines Posters bzw. einer Präsentation ein Drittel, das gezeigte Wissen ein Drittel und dann die Vortragsart bzw. die Präsentationsart nochmal ein Drittel

Wobei hier das Wissen bei uns sogar noch in Textform abgeben wird. Das heißt, die Schüler geben das, was sie dann während des Vortrag sagen möchten, noch extra ab. Dieser Text wird dann eben mit etwa einem Drittel gewertet. Die genaue Gewichtung kennen die Schüler wie gesagt auch. Dazu haben die Schüler vor der eigentlichen Prüfung auch Zeit, einen Vortrag auch zu üben und sie bekommen dafür Feedback. Wichtig ist hierbei auch die Annahme von Kritik, also darauf einzugehen bzw. sich zu verbessern hinsichtlich der Fragen, warum etwas gut oder schlecht ist.

N: Machen Sie sich während des Vortrags Notizen?

Frau M: Klar, ja. Zu dem Raster schreibe ich mir Anmerkungen. Am Ende des Vortrags dürfen zudem die Schüler noch kommentieren und Rückmeldung geben und die Schüler, die vorgetragen haben, selbst auch sagen, wie sie ihren eigenen Vortrag fanden. Tipp hier: Orientiere Dich für Deinen Vortrag an den Guten. Nachmachen ist hier erlaubt.

N: Steht für Sie die Note schon gleich nach dem Vortrag fest oder denken Sie daheim nochmal über das Gesehene nach?

Frau M: Gerade, wenn jeder in der Klasse ein Vortrag halten muss, warte ich alle Präsentationen ab und mache nicht sofort die Noten. Dann schaue ich, wie die Punkte, das Raster und die Note, die ich im Kopf habe, so zusammenpassen. Oft stimmt die Rasternote mit dem Bauchgefühl gut überein. Eine Abweichung von einer halben Note ist da schon viel.

N: Sind Sie schon mal bei einer Präsentation eingeschlafen?

Frau M: Ne, das nicht. Ich versuche auch bei nicht so guten Referaten zumindest neutral zu gucken.

N: Wie lange mussten Sie üben, um schön an der Tafel schreiben zu können? Ganz wenige Schüler, so war mein Eindruck aus der Schulzeit, verwenden selbst die Tafel als Präsentationsart, obwohl die Lehrer eigentlich tagtäglich ihren Unterricht damit bestreiten.

Frau M: Oh, das weiß ich nicht. Ich schreibe eigentlich nicht besonders anders an der Tafel als normal, zumindest nicht in der Werkrealschule. Klar, in der Grundschule bemüht man sich, extra groß und extra die gelernte Schreibschrift zu schreiben. An der Werkrealschule ist das aber nicht mehr so eine große Sache.

Wenn Du an die Tafel schreiben möchtest, hab ich einen Geheimtipp: Flüssig-Kreide. Die schreibt wie Edding. Da schreiben die Kinder bei mir gerne an der Tafel. Das fände ich ganz gut, wenn damit auch bei Präsentationen an die Tafel geschrieben würde. Die Farben sind da auch intensiver als bei Kreide.

Also die Schüler können gerne die Tafel auch benutzen, aber ja, das kommt sehr selten vor. Es wäre aber mal was anderes, bedeutet aber auch viel Nachdenken wegen der Aufteilung und des Einsatzes der Tafel-Flügel und man braucht schon auch Kreativität für einen schönen Tafelanschrieb.

N: Vorhin ist es schon mal angeklungen, nun noch mal eine kurze Rückfrage: Wie ist aus Ihrer Sicht das Verhältnis zwischen Inhalt zu Darstellung?

Inhalt schon vor Darstellung!

Frau M: Also Inhalt steht schon vor Darstellung! Aber ich glaube, dass der Inhalt sich nicht mehr so objektiv bewerten lässt, wenn die Darstellung besonders unschön ist, oder auch umgekehrt.

N: Das nehme ich mal als guten Schlusssatz. Vielen Dank für das Interview.

Frau M: Gerne, hat Spaß gemacht!

Bildquellen

Titelbild (bearbeitet): abcdef

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