Beim Präsentieren: Weglassen – Eine hohe Kunst

Stell Dir folgende Situation vor: Du sitzt in einem Vortrag, guckst nach vorne und denkst Dir nur so: Was zur…?! Soll ich jetzt lesen oder soll ich zuhören?

Zumindest mir ist diese Szene einige Male schon so passiert und ich bin mittlerweile sicher, dass ich leider während meiner Schulzeit selbst bei meinen Mitschülern für solche Gedankengänge gesorgt haben muss.

Das Problem ist oft: „Zu viel!“

Dieses zu viel kann in Form von zu viel Information, zu viel Text oder beidem zusammen vorkommen. Alle Formen sind nicht gut und machen Deinen Vortrag bzw. Deine Präsentation uninteressant oder gar schwer zu ertragen.

In diesem Beitrag möchte ich Dir zum einen zeigen, was aus meiner Erfahrung dieses zu viel genau sein kann, und zum anderen gebe ich Dir Tipps, um eine Kunst beim Präsentieren umzusetzen.

In Kurzform gebe ich Dir folgende Ratschläge zu drei Problemen:

Die Kunst des Weglassens.

Michelangelo sagte: Der David steckte von Anfang an in dem Marmorblock. Ich habe nur entfernt, was nicht dazu gehörte. Entferne bei einem Problem alles Unbrauchbare – und übrig bleibt eine Chance.

— Peter Hohl

Problem 1: Zu viele Informationen

Ich kann mich noch erinnern, dass ich teilweise 45 Minuten lange Referate in der Schulzeit gehalten habe. Diese habe ich mit einer Powerpoint Präsentation vorgetragen, dessen Folien auch noch voller Text waren.

Zum Thema Foliengestaltung kommen wir gleich, doch zunächst ist ein Fehler schon vor der Präsentationserstellung passiert.

Ich wollte zu viel erzählen. Zu viele Details erklären. Zeigen, dass ich „alles“ weiß. Doch darum geht es gar nicht.

Du musst beim Präsentieren nicht „alles“ wissen, sondern es geht darum, dass Du das Relevante, das Interessante also das Entscheidende weißt und erzählst.

Die Kunst besteht also gerade darin, entschieden zu können, was für das Thema wirklich interessant ist. Wo ist der „springende Punkt“? Was ist der entscheidende Zusammenhang?

Ich meine damit, dass bei einem Vortrag die „Warum“-Frage bzw. die „Wozu“-Frage viel interessanter ist als die „Was“- bzw. „Wer“-Frage.

Die Kunst ist also aus meiner Sicht, diese W-Fragen richtig zu gewichten und unwichtige Details in den „Wer“- oder „Was“-Fragen wegzulassen.

Lösung 1: Frage nach dem Warum

Lange Auflistung von Biographien ermüden, sind meist langweilig und werden oft mit vielen Stichpunkten auf den Folien dargeboten. -Gähn!-

Viel spannender sind die Handlungen der Person und deren Motivation bzw. deren Ziele!

Beispiele

Ein Referat über Julius Caesar ist nur dann wirklich gelungen, wenn klar wird, dass er das Ende der Römischen Republik begründete und die Diktatur auf Lebenszeit angestrebt hat. Das war sein Ziel: Macht. Nur das reine Aufzählen von Ämtern, Eroberungen, Schlachten usw. ist Zusatzwissen und jeder Fakt davon ein Kandidat fürs Weglassen.

Ein Vortrag über die Partei Bündnis 90/Die Grünen hätte nicht einen so langen Teil über das Parteiprogramm enthalten sollen (so wie leider bei mir damals!), sondern viel interessanter wäre die Frage gewesen nach den Gründungsmotiven und deren Position als Gegengewicht zur damals vorherrschenden politischen Grundausrichtung.

Eine Technik, um Dir über die Kernpunkte Deines Themas klar zu werden, habe ich mit dem Aufzug-Test vorgestellt. Dabei steht eben die „Warum“-Frage im Zentrum.

Für einen guten Vortrag solltest Du Dich also vor allem auf die Zusammenhänge, Ursachen und Argumentationen konzentrieren und Aufzählungen nur um der Nennung willen weglassen.

Problem 2: Zu viel Text

Auf diesen geradezu klassischen Punkt gehen viele Präsentationstipps eingehend ein. Auch aus meiner Sicht kann ich diesen Fehler nur unterstreichen und möchte Dir daher meine Gedanken und vor allem Lösungen dazu mitgeben.

Trotz vieler guter Ratschläge sehe ich noch immer häufig Präsentationen, bei denen auf den Powerpoint Folien viel zu viel Text steht.

Auch ich habe erschreckend lange auch diesen Fehler gemacht!

Folie zu viel Text

Das Bild ist aus einer alten Präsentation aus der 9. Klasse oder so. Heute würde ich das so nicht mehr machen. Dir möchte ich zeigen, wie und warum Du es gleich anders machen solltest.

In gewisser Weise ist zu viel Text eine Form oder Folge des eben besprochenen zu viel Information. Doch es ist sozusagen doppelt so ärgerlich für Deine Zuhörer.

  • Durch viel Text auf den Folien überforderst Du Dein Publikum möglicherweise schon inhaltlich durch zu viel Wissen, gegebenenfalls auch durch irrelevantes Wissen (siehe oben). Diesen Konflikt könntest Du zumindest auf zwei Arten lösen. Entweder den Text erst schrittweise einblenden oder den Tipp von oben befolgen und inhaltlich entrümpeln.
  • Nichtsdestotrotz bleibt so dennoch bei den Folien das Problem, dass Deine Zuhörer auch beim verbleibenden Text nicht wissen bzw. sich entscheiden müssen, ob sie Dir zuhören oder ob sie den Text lesen. Das ist speziell auf Dauer und bei längeren Textpassagen echt unschön und nervig! Dadurch hältst Du sie nämlich auf oder gar ganz davon ab, über Deinen präsentierten Inhalt nachzudenken.

Dr. Joachim Schlosser hat das auf seiner Webseite auch sehr schön beschrieben. Um Deinem Publikum das Denken während des Vortrags zu ermöglichen, spricht sich Herr Schlosser für „visuelle Stille“ aus.

Genau das tue ich auch! Jetzt zeige ich Dir, was ich damit meine und wie Du diese „visuelle Stille“ umsetzt.

Lösung 2: Weniger ist mehr

Lasse Worte weg

Sehr naheliegend ist gerade die Umkehrung von zu viel Text. Spare an Worten auf Deiner Folie. Schreibe keine ganzen Sätze auf die Folien, es sei denn, es handelt sich um ein Zitat.

Deine Folien, also Deine Präsentation, sind nicht Dein Redemanuskript, sondern sie unterstützen nur das, was Du zu sagen hast und was Du weißt.

Auf die Folien schreibst Du zum Beispiel nur die Kernbotschaft oder die wichtigste Zahl, um die es geht, oder Du veranschaulichst einen Zusammenhang mit einem einfachen Diagramm.

Stelle Deine Folien auf den Prüfstand

Spätestens wenn Du alle Powerpoint Folien erstellt hast, klicke nochmal von Anfang an durch. Stelle Dir jetzt bei jeder Deiner Folien die Frage: „Was ist die Botschaft?“ oder „Und jetzt?

Werfe alles raus, was nicht die Antwort auf die Frage „Was ist die Botschaft?“ unterstützt.

Das gilt eben gerade für längere Textabschnitte bzw. ausgeschriebene Sätze. Diese Idee findet sich im Zitat zu Beginn dieses Beitrags wider. Hand in Hand geht diese Technik mit dem berühmten Sinnspruch: „weniger ist mehr“.

Abgedroschen mag er klingen, doch falsch wird er dadurch nicht.

Öffne nicht gleich Powerpoint

Zu diesem Thema gibt’s von mir noch einen extra Artikel. Aber schon hier passt der Rat: Wenn Du einen Vortrag halten sollst, beginne nie damit, Dein Präsentationsprogramm auf dem Computer zu starten!

Das fördert in seiner Ansicht nämlich genau die Dinge, die Du ja vermeiden willst: Alles Wissen auf die Folien, Text auf die Folien, Text auf der Folie ist genau der Redewortlaut usw. All dies ist nicht erstrebenswert für einen tollen Vortrag. Deshalb ist es absolut nicht empfehlenswert, gleich mit Powerpoint zu beginnen.

Ich bereite meine Präsentationen mittlerweile alle analog mit Stift und Papier vor. Kein Scherz.

Nachfolgend siehst Du ein Beispiel einer meiner Skizzen für eine Präsentation an der Uni. Näheres zu genau dieser Präsentation gibt’s in meiner Fallstudie zum Thema „Wie erstelle ich eine Präsentation

Benutze Bilder

Satt also Text auf die Folien zu packen, bieten sich als tolle Alternative Bilder an.

Zum einen, da sie schneller zu erfassen sind als ein langer Text und so i.d.R. weniger Denkleistung Deiner Zuhörer erfordern. Zum anderen kannst Du mit Bildern offensichtlich vieles veranschaulichen:

  • Personen auf Bildern können beispielsweise Emotionen transportieren bzw. anschaulich darstellen.
  • Bei bestimmten Themen kannst Du die Akteurskonstellation, z.B. ein Netzwerk von Korruptionsbeziehungen, mit den Bildern der handelnden Personen darstellen (➥ Beispiel in meiner Case Study).
  • Statt der üblichen Einstiegsfolie von Powerpoint mit dem Titel in der Mitte zeige ein passendes Bild zu Beginn Deiner Präsentation.
  • Redest Du über einen Sportverein, so zähle nicht einfach die Erfolge auf und schreibe die Daten als Stichpunkte untereinander (wie ich es mal leider gemacht habe…), sondern zeige Bilder der Pokalübergabe oder den entscheidenden Torjubel.

Nicht umsonst gibt es auch hier einen uralten Spruch: Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Wobei zum einen das Bild schon passend sein sollte und im Übrigen nicht gilt, dass 100 Bilder mehr sagen als 100.000 Worte

Auch Herr Schlosser, den ich hier gerne wieder erwähne, sieht Bilder als mögliches Mittel, um visuelle Stille zu erzeugen. Doch weißt Herr Schlosser richtigerweise darauf hin, dass auch ein Bild ablenken kann, sollte etwa das Foto zu stark sein.

Doch auch dann sehe ich persönlich ein „starkes“ Foto als besser für eine gute Präsentation an als eine langweilige Textwüste.

Problem 3: Zu viele Daten

Eine andere Form des „zu viel Information“ bildet auch die Präsentation von Daten. Beispielsweise würden bei vielen Balkendiagrammen, die gerne für die Darstellung bei Vergleichen innerhalb einer Beobachtungsgruppe genutzt werden, oftmals weniger dargestellte Fälle ausreichen, um die Hauptaussage zu transportieren.

Wichtig: Ich möchte hier nicht dazu anregen, Daten zu verfälschen, sondern in einem angemessenen Rahmen auch Daten zu filtern.

Du musst nicht „alles“ wissen und auch Deine Zuhörer müssen nicht das exakte Diagramm aus einer anderen Arbeit sehen. Ich meine damit, dass Du durchaus selbst die relevanten Daten für Deinen Vortrag auswählen und vor allem aufbereiten kannst!

Um etwa die Verschuldung Deutschlands in Relation zum BIP im europäischen Vergleich zu zeigen, gibt es bestimmt viele vorgefertigte Bilder bzw. Diagramme, die den Vergleich mit mehr als 20 anderen Ländern zeigt:

Staatsschuldenquote europäischer Länder 2013
Mavomi (Diskussion) [Copyrighted free use], via Wikimedia Commons

Doch auch wenn Deine Idee schon in die richtige Richtung geht, nämlich lieber ein Bild statt nur Text zu zeigen, überforderst Du Dein Publikum nun mit zu vielen Daten.

Auch hier kannst Du die Kunst des Weglassens anwenden!

Lösung 3: Wähle Deine Daten weise aus

Wähle 3,5 oder 7 besonders relevante Datenpunkte aus, erstelle aus diesen ein eigenes Diagramm in Powerpoint und lasse den Rest der Daten weg. Die Aussage des Diagramms darfst Du dadurch natürlich nicht verfälschen. Es muss die grundlegende Relation des Vergleichs weiterhin deutlich sein.

Tipp: Wähle dazu zum Beispiel den höchsten Vergleichswert (hier Griechenland), zwei „bekannte“ Länder mit einem höheren Wert als Deutschland, zwei „bekannte“ Länder mit einem niedrigeren Wert und den kleinsten Vergleichswert (hier Estland). Färbe dann den Wert für Deutschland noch mit einer besonderen Farbe ein (und nur diesen) und schon hast Du eine wunderbar übersichtliche Folie, die etwa so aussieht:

Zusätzlich könnte man hier noch den europäischen Durschschnitt als horizontale Linie angeben.

Keine 3D-Darstellung, wenig Farbe

Meiner Ansicht nach ist hier möglichst auf 3D-Darstellung im Sinne der visuellen Stille zu verzichten.

Diese 3D-Darstellung lenkt zusätzlich ab und kann unter Umständen durch die Proportionen täuschen (Gilt nun nur die Höhe des Quaders als Vergleich oder das Volumen?).

Auch bei der Nutzung von Farben oder anderen Hervorhebungen rate ich wieder (auch wenn es langweilig wird) zur Sparsamkeit.

Nutze eine andere Farbe für einen Teil des Diagramms nur, wenn Du damit wirklich einen Unterschied verdeutlichen möchtest.

Sollte dies der Fall sein, ist es wunderbar und genau richtig. Denn dadurch stellst Du klar, dass dieser Bereich nun eine Besonderheit ist, worauf Deine Zuhörer achten sollen.

Ein total bunter Farbeinsatz nur für die Abwechslung ist wie die 3D-Darstellung nur unnötige Ablenkung und verschlechtert die Chance, dass Du durch die Farbwahl überhaupt noch einen Effekt erzielen kannst.

Diese Auswahl relevanter Daten sowie deren einfache Aufbereitung sorgen also für eine Übersichtlichkeit, ein leichteres Verständnis der Kernbotschaft und für mehr Raum für Deine Erklärung zu diesen Daten.

Achtung Anmerkung

Sollte Deine Aufgabe darin bestehen, genau nur eine Datenreihe zu analysieren und vorzustellen, ist eine solche Reduktion nicht unmittelbar angebracht.

Dennoch kannst Du die eben angesprochene Technik bei der Erklärung der Zusammenhänge verwenden. Ich würde hier auf einer Folie alle Daten der Datenreihe präsentieren, so wie sie auch in dem Paper vorgestellt werden. Dann allerdings würde ich auf einer zweiten Folie die kondensierte Form wie gerade beschrieben verwenden, um anhand dessen die Zusammenhänge bzw. die Grundaussage nochmals herauszuarbeiten.

Zusammenfassung

Lass mich Dir nun kurz und bündig die wichtigsten Punkte dieses Beitrags nochmals aufzählen:

Fazit:
  • Zu viele Information, zu viel Text, zu viele Daten überfordern Dein Publikum
  • Versuche Dich in der Kunst des Weglassens!
  • Entrümple Deine Vortragsfolien, sodass nur noch die Dinge draufstehen, die Dich bei der Vermittlung der Kernbotschaft unterstützen
  • Alt, aber oft wahr: Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte
  • Trau Dich, Platz auf den Folien zu lassen!

Quellen/Weiterlesen

Garr Reynolds hammermäßiges Buch Presentation ZEN: meine Buchbesprechung

Zitat-Quelle: http://gutezitate.com/zitat/126439

Dr. Joachim Schlosser: Visuelle Stille; Weglassen; 3 Schritte zu besseren Folien

Nicolas Pridik: 7 Visualisierungsideen gegen Textfolien mit Aufzählungspunkten

mypresentation.at: Text in Präsentationen

mypresentation.at: Diagramme gestalten

karrierebibel.de: Powerpoint Tipps

Tipps von Jean-Luc Doumont zum Thema Darstellung von Daten!

Ebenfalls sehr sehenswert sind die je einstündiger Vorträge Jean-Luc Doumonts in Stanford: externer Youtube Link

und Jean-Luc Douments  Vortrag 2 (externer YouTube Link)

Für Star Wars Fans: Yoda kennt die Kunst des Weglassens, denkt sich Garr Reynolds

Weiterer Input von Garr Reynolds (englisch): hier, dort und hier auch

Zum Thema Diagramme (englisch) oder auch bei der Uni Heidelberg

Bildquellen

Titelbild: Eigenes Bild

BIP Grafik: By Mavomi (Diskussion) [Copyrighted free use], via Wikimedia Commons

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Notizen: Eigenes Bild

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